Luftfilter Norm ISO 16890 – Der Schritt in die richtige Richtung

6 Fragen und 6 Antworten

Zum Ende des Jahres 2016 wurde die Filternorm ISO 16890 zur Prüfung und Bewertung von Luftfiltern für die Raumlufttechnik in Kraft gesetzt. Seitdem beschäftigen sich Veröffentlichungen vor allem mit den technischen Fragestellungen. An dieser Stelle soll die generelle Bedeutung dieser Norm anhand von Fragen und Antworten beleuchtet werden.

1. Die letzte Novellierung der EN 779 fand 2012 statt. – Warum jetzt wieder eine neue Norm?

Die EN 779 ist in den europäischen Teilnehmerländern verbindlich, z.B. als DIN EN 779 in Deutschland. Außerhalb der EU existieren andere, deutlich abweichende Standards, z.B. der U.S. Standard ASHRAE 52.2. Für die internationale Gemeinschaft ist es wichtig, über weltweit verbindliche Standards wie die ISO 16890 zu verfügen. Weiterhin ist die Übertragbarkeit der Prüfergebnisse aus der EN 779 auf reale Anwendungen stets problematisch und die Aussagekraft in Bezug auf die erzeugte Luftqualität begrenzt. Das wird sich durch die ISO 16890 deutlich verbessern.

2. Wie ist der vorgesehene Zeitplan für die Einführung der ISO 16890?

Es besteht ein weitreichender, auch juristischer Unterschied in der Ratifizierung eines zunächst unverbindlichen ISO Standards und der verbindlichen Festschreibung als DIN EN ISO 16890 als neue deutsche Norm. Diese Formalitäten werden voraussichtlich bis Juni 2017 abgeschlossen sein. Anschließend werden in einer Übergangszeit bis zum 30.06.2018 beide Luftfilternormen, die DIN EN ISO 16890 und die DIN EN 779, parallel existieren. Ab dem 3. Quartal 2018 sind Luftfilter ausschließlich nach der DIN EN ISO 16890 zu prüfen und zu bewerten.

3. Warum wurde die Übergangszeit von 18 Monaten vorgesehen?

Für die Inkraftsetzung als DIN EN ISO 16890 sind 2 wesentliche technische Voraussetzungen zu erfüllen, welche einen Übergangszeitraum benötigen.
Zum einen enthält die ISO 16890 zwar ein Bewertungsverfahren für Luftfilter, z.B. ISO ePM2,5 60 %, aber kein Klassifizierungsverfahren, in das die Prüfresultate klassifiziert werden. Innerhalb der Gruppe der Grobstaubfilter ISO ePM Coarse existiert derzeit noch gar keine Differenzierung in einzelne Klassen. In der DIN EN 779 werden z.B. Filter, welche mittlere Wirkungsgrade zwischen 80-90 % aufweisen, in die Filterklasse F7 klassifiziert. Derartige Filterklassen müssen für die ISO in den folgenden Monaten gebildet und vereinbart werden. Es ist derzeit nicht entschieden, ob in jedem Land eigene Klassen oder eine gemeinsame internationale Klassifizierung gebildet werden soll.

Außerdem müssen sämtliche Regelwerke, welche heute auf der EN 779 bzw. DIN EN 779 basieren, auf ISO angepasst werden. Die VDI 6022 als wichtiges verbindliches Regelwerk schreibt heute den Einsatz bestimmter Filterklassen, z.B. F7/EN779 vor. Diese Klassen müssen durch Entsprechungen der ISO ersetzt werden. Es ist gegenwertig schwer vorstellbar, dass sämtliche Anpassungen bis 2018 erledigt und die bis dahin verbindlich gültige DIN EN 779 zurückgezogen werden kann. Jeder Filternutzer sollte deshalb die Arbeiten der Fachleute abwarten. Das schafft Raum, sich mit der Bedeutung und den Möglichkeiten der ISO 16890 auseinander zu setzen.

4. Worin besteht der technische Fortschritt der ISO 16890 gegenüber der DIN EN 779?

Die ISO 16890 bewertet künftig das Partikelabscheideverhalten von Luftfiltern mit Blick auf die Feinstaubfraktionen PM10, PM2,5 und PM1. PM-Werte (vom Englischen Particulate Matter = Partikuläre Masse) werden von der WHO und den Umweltbehörden als Maß für die Bewertung von Luftqualität herangezogen.

PM-WertFeinstaubfraktion
PM100-10 µm
PM2,50-2,5 µm
PM10-1,0 µm
Tabelle 1: Definition der Feinstaubfraktionen

Da die feinen Fraktionen als besonders gesundheitsgefährdend gelten, wurden mit der EU-Richtlinie 1999/30/EG Grenzwerte für Partikeln in Umgebungsluft festgelegt. Das Umweltbundesamt ermittelt PM10 und PM2,5-Werte an ca. 300 Messstellen in Deutschland und veröffentlicht diese regelmäßig.

Während die bestehende DIN EN 779 das Abscheideverhalten gegenüber einer einzelnen Partikelgröße (0,4 µm) bewertet, unterteilt die ISO 16890 Luftfilter in 4 ISO-Gruppen, abhängig von ihrem Abscheideverhalten gegenüber den PM-Partikelkollektiven.

ISO-GruppePartikelkollektivMindestwirkungsgrad
ISO ePM Coarse0,3-10,0 µm< 50 %
ISO ePM100,3-10,0 µm> 50 %
ISO ePM2,50,3-2,5 µm> 50 %
ISO ePM10,3-1,0 µm> 50 %
Tabelle 2: ISO-Gruppen mit zugehörigen Partikelkollektiven

Ein Filter gelangt in die betreffende Gruppe, wenn der entsprechende Mindestwirkungsgrad überschritten wird. Scheidet demnach ein Filter das Partikelkollektiv von 0,3-2,5 µm zu 70 % ab, wird es als ISO ePM2,5 70 % bewertet. Mit dieser Bewertung und der Kenntnis der PM-Werte aus der Umgebungsluft lassen sich künftig Reinluftqualitäten besser vorausbestimmen, durch entsprechende Filterwahl beeinflussen und das Filterverhalten abschätzen.

5. Was werden Filterhersteller und Filternutzer in 2017 – 2018 zu beachten haben?

Die Prüfnorm ISO 16890 bewertet Luftfilter nach anderen Kriterien, als aus der Praxis der DIN EN 779 gewohnt. Die Zuordnung in die neue Gruppe muss für den Einzelfall bewertet werden und hängt individuell von der technischen Gestaltung des Luftfilters ab. So werden z.B. F7 Filter, nach ISO bewertet, den Gruppen ISO ePM2,5 oder ISO ePM1 zugeordnet. Hierbei sind technische Fragen vor allem hinsichtlich der Vereinheitlichung des Prüfablaufs zu lösen. Die Filterlabore der Filterhersteller sowie die unabhängigen Prüfinstitute werden in Rundversuchen die Routinen entwickeln, welche zum sicheren Umgang mit der neuen Norm notwendig sind. Weiterhin werden Behörden und Fachgremien Regeln für die zukünftig angestrebte Luftqualität erarbeiten müssen.

In der Zwischenzeit wird die DIN EN 779 eine weiterhin gültige Prüf- und Klassifizierungsvorschrift darstellen, welche bis zu ihrer Zurückziehung am 30.06.2018 in der Raumlufttechnik anzuwenden ist. Sind alle Arbeiten erledigt, freuen wir uns, mit der Einführung als DIN EN ISO 16890 einen wichtigen Schritt hin zu besserer Raumluftqualität machen zu können.

Prüfstand EN 779

Prüfstand EN 779

6. Wie unterscheiden sich die Prüfabläufe der ISO 16890 von der DIN EN 779 im Detail?

ISO 16890EN 779
Prüfziel
Einordnung in eine ISO ePM-GruppeEinteilung in Filterklassen G, M und F
Grobstaubfilter:
ISO ePM Coarse
Grobstaubfilter:
G1 – G4
Mittelstaubfilter:
ISO ePM10
Mittelstaubfilter:
G3 – M6
Feinstaubfilter:
ISO ePM2,5
Feinstaubfilter:
M5 – F8
Feinstaubfilter:
ISO ePM1
Feinstaubfilter:
F7 – F9
Relevantes Filtermerkmal
Grobstaubfilter:
grav. Anfangs-Abscheidegrad gegenüber A2 Staub
Grobstaubfilter:
mittlerer grav. Abscheidegrad gegenüber ASHRAE Staub
Feinstaubfilter:
Fraktionsabscheidegrad gegenüber ePMx
Feinstaubfilter:
mittlerer Wirkungsgrad gegenüber 0,4 µm Partikeln
Verwendete Prüfaerosole
DEHS- und KCl-AerosolDEHS-Aerosol
Beurteilter Filterzustand
Neuzustand;Neu- und bestaubter Zustand;
Neuzustand nach IPA BehandlungNeuzustand nach IPA Behandlung
IPA Behandlungsverfahren
FilterelementFiltermediumprobe
Bedampfung mit IPATauchen in flüssiges IPA
Verwendung einer IPA-BedampfungskammerIPA-Schale
Differenzdruck
Differenzdruckkurve am Filterelement in % vom
Nennvolumenstrom
Differenzdruckkurve am Filterelement in % vom
Nennvolumenstrom
Staubspeicherfähigkeit
Bestaubung mit A2-Test-Dust (Quarzstaub)Bestaubung mit ASHRAE Filterprüfstaub (Quarzstaub,
Rußflocken, Baumwollfasern)
Differenzdruck, Ende
ePM Coarse: 200 PaG1 – G4: 250 Pa
ePM1 – 10: 300 PaM5 – F9: 450 Pa
Energieklassifizierung
Herstellerbezogenes LabelverfahrenHerstellerbezogenes Labelverfahren
Tabelle 3: Prüfabläufe der ISO 16890 und der DIN EN 779 im Vergleich

 

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